01.09.1947
„Nun muß ich erst mal von unserer neuen Schule erzählen.
Also am 2. September fings an. Um ½ 9 war vorm Gymnasium endlich unsere Klasse vollzählig versammelt – man bloß – ein Pauker kam nicht. Na, endlich geruhte einer, uns darüber aufzuklären, dass die Lehrer bis 10 Sitzung haben. [...] Ich muß gestehen, wir hatten alle ein bisschen Herzklopfen aus Angst vor dem Neuen! Wir gingen dann mit der Mittelschule in die Aula, wo schon 'unsere' Jungs versammelt waren. Wir waren schätzungsweise 120 Schüler, die T. nach einer pompösen und witzig sein sollenden Rede in 4 Klassen aufteilte und zwar: 1. Jungs und Mädchen zusammen, 2. Alle, die schon vier Jahre Englisch und ein Jahr Latein gehabt hatten, kamen entweder in 9a oder 9b.
a = sprachlich, b = naturwissenschaftlicher Kursus. [...] In meiner Klasse 10 Jungs und 18 Mädchen. [...]
Wir begaben uns also nach dem feierlichen Aulaakt in unsere Klassen, etwas aufgeregt durch die ungewohnte männliche Anwesenheit, und warteten gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Diese Dinge kamen in Gestalt eines untersetzten, breiten Mannes hereingepeest. Es war, wie sich später herausstellte, unser Klassenlehrer, 'Conny' G., ein ziemlich strenger, aber sonst ausgezeichneter Lehrer. Zunächst gab er uns mal eine Fragen, 1. die üblichen, und dann unser Lieblingsbuch und –schriftsteller und wo wir am liebsten wohnen möchten. [...]
Bei G. haben wir Erdkunde, Geschichte und Latein. Der Lateinunterricht ist fabelhaft bei ihm. [...]
Dann hatten wir Russisch bei H. Das ist ein ganz junger, witziger Pauker, dem sie alle auf der Nase rumtanzen. Er hat erst mal unsere Namen auswendig gelernt. Zum Schreien! Er sagt auch 'Sie'“ und 'Fräulein Reimann'!“ (S. 12f.)
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